12 Jahre Fastfood Junkie und was davon geblieben ist
„Du gehst doch so viel laufen. Du kannst doch alles essen ohne dir einen Kopf zu machen. Ein paar Kilo mehr würden dir aber auch stehen“. Solche oder ähnliche Sätze habe ich schon häufiger gehört.
Meistens lasse ich mich auf so eine Diskussion nicht ein. Zum einen weil ich für meine Größe Idealgewicht und -BMI (ja, ja der wird überbewertet) habe. Zum anderen glaube ich das es sich unser Auge inzwischen an so viele übergewichtige Menschen gewöhnt hat, dass viele von uns gar nicht mehr wissen was ein „normaler“ Körperbau ist.
Natürlich mache ich mir Gedanken um meine Ernährung. Denn in mir steckt immer noch ein wenig die Angst in mein altes Essverhalten mit Anfang 20 zurückzufallen. Aber vielleicht verstehen das auch nur Menschen die selber 10, 20, 30 oder mehr Kilo abgenommen haben.
Trotzdem versuche ich es einmal zu erklären.
Täglich XXXL Fastfood
Morgens gab es ein Schinken-Käse-Croissant oder vergleichbares, dazu ein Kakao aus dem Tetra Pak und fertig war das Frühstück.
Mittags Fertiggerichte aus dem Supermarkt und als Nachtisch ein Doppelpack Milchschnitten.
Abends dann Pommes Currywurst, Hamburger und Pizza (manchmal auch Döner). Zusammen versteht sich. Ich war da recht kreativ.
An den Wochenenden wurde immer Party gemacht und so gab es mindestens zweimal täglich Fastfood. Zuerst meine übliche Abendration, dann noch einmal eine Pizza oder einen Döner in der Nacht weil ich Heißhunger vom Alkohol hatte. Am darauf folgenden Tag Mittags eine Pommes-Currywurst um den Kater zu lindern, Abends dann wieder die nächste XXXL Fastfood Ration.
Das waren meine Hauptspeisen, danach brauchte ich Süßigkeiten. Mindestens eine Tafel Schokolade, dazu irgendwelche Limonaden oder Alkohol. Die ganzen Zwischenmahlzeiten lasse ich mal außen vor.
Ein perfekter Ernährungsplan um sich kaputt zu machen.
Ein wenig Scham
Ich rotierte regelmäßig zwischen den Imbisskette, weil ich ungern als Stammkunde abgestempelt werden wollte. Wenn ich etwas bestellte, wollte ich immer den Eindruck erwecken, dass nicht alles für mich alleine war. Allerdings flog ich irgendwann auf als mich jemand mit einem „Ahhhh… einer unserer Stammkunden…“ aus dem McDrive-Lautsprecher begrüsste. Aus Scham ertappt worden zu sein habe ich für die nächsten 14 Tage die Filiale nicht mehr besucht. Im Nachbarort gab es zum Glück auch einen McDonalds.
Auf irgendwelchen Feiern habe ich natürlich demonstrativ zum gesünderen Essen gegriffen und nur kleine Portionen gegessen. Authentizität war damals nicht so meine Stärke.
Da ich recht groß bin täuschen die Bilder von früher ein wenig darüber hinweg, dass ich ca. 120 Kilo gewogen habe. Für die regelmäßigen Fressexzesse war mein Gewicht sogar noch ganz passabel. Mein Körperfettanteil muss damals ziemlich beachtlich gewesen sein.
Ging es mir nicht gut habe ich Fastfood gegessen. Gab es Probleme habe ich Fasfood gegessen. War mir langweilig habe ich Fastfood gegessen. Meistens so viel bis mir schlecht wurde. Das Essen war nichts anderes als Ablenkung und Ersatzbefriedigung. 12 Jahre täglich kannte ich keine Grenzen und war von dem ganzen Fasfood und Fertigessen regelrecht abhängig. Dabei war mir immer bewusst wie ungesund ich lebe. 12 Jahre lang täglich!
Natürlich gibt es für jedes Verhalten mehr oder weniger eine Erklärung. Ich denke Jeder Mensch hat irgendwelche Probleme und Ängste mit denen er umgehen muss. Die Frage ist nur wie man sie löst. Hemmungsloses essen ist jedenfalls keine gute Lösung, genau so wenig wie Drogen.
Die Angst im Nacken
Irgendwann bin ich an den Punkt gekommen, wo ich die Schnauze gestrichen voll hatte. Von mir, von meiner Ernährung, von den Sauftouren an den Wochenenden und so weiter. Ich wollte es einfach nicht mehr und da mir nichts bessere eingefallen ist, bin ich einfach mit dem Laufen angefangen. Der Rest ist Geschichte.
Damals habe ich mich regelrecht auf Fastfood Entzug gesetzt und einen ziemlich radikalen Ernährungsplan (den ich mir selber ausgedacht habe) eingehalten. Ich wollte meinen Körper vom Fastfood entwöhnen.
Dabei hatte ich aber immer ein wenig die Angst im Nacken, dass ich noch einmal „Rückfällig“ werde. Normalweise ist Angst kein guter Ratgeber. In meiner Fall schon, denn so bin ich nicht in Versuchung gekommen wieder in alte Verhaltensmuster zurückzufallen.
Rückblickend habe ich 12 Jahre nur Scheiße in mich hinein gefressen und die darauf folgenden 10 Jahre damit verbracht wieder alles gut zu machen. Ganz so spurlos ist der ungesunde Lebensstil an mir natürlich nicht vorbei gegangen. So ein paar Überbleibsel aus der Vergangenheit lassen sich noch heute beim Arztbesuch zurückverfolgen. Es ist aber nichts wirklich dramatisches und man kann durch einen gesünderen und bewussteren Lebensstil vieles wieder gut machen.
Geblieben ist das Gewissen
Auf meine Ernährung und mein Gewicht achte ich immer noch ein wenig, bin aber bei weitem nicht mehr so „radikal“ wie vor einigen Jahren. Statt 60+ Kilometer in der Woche laufe ich vielleicht 20 bis 30.
Geblieben ist das Gewissen. Nach wie vor greife ich beim Essen nicht gleich zu und denke kurz darüber nach ob es vielleicht nicht doch zu fettig oder ungesund ist. Und das ist auch gut so.
Ich bin jetzt 42 Jahre alt und besser im Schuss wie andere Altersgenossen, die sich jetzt mit den Problemen herumplagen die ich mit Anfang 20 hatte. Wie sagt man so schön? Ich bin mit mir im Reinen und will nie wieder dahin zurück wo ich vor langer Zeit war.
5 Kommentare
ultraistgut
Applaus, Applaus kann ich da nur sagen, ganz herzlichen Glückwunsch, dass du es rechtzeitig erkannt und auch dann geändert hast, ein Vorbild für viele andere, die es nicht schaffen. Damit hast du dir selbst das größte Geschenk gemacht, das man sich machen kann, schließlich lebt man nur einmal.
Da kann ich zum Glück nicht mitreden, denn ich habe mein Leben lang immer Sport getrieben und mich halbwegs gesund ernährt, die angebotenen Fertigprodukte gingen mir immer am ………….vorbei…………zum Glück.
Super, gratuliere, dass du es gepackt hast !
Daniel
Vielen Dank!
Oliver
Du kannst reichlich stolz auf dich sein, es gehört schon gehörige Selbstreflexion dazu, selbst zu erkennen wie du mit dir umgegangen bist, dann radikal einen neuen Weg einzuschlagen und dran geblieben zu sein. Das schaffen nur wenige.
Gratuliere!
Daniel
Ja irgendwie schon. Heute kann ich darüber sogar ein wenig schmunzeln.
Florian Dirnberger
Glückwunsch zu deiner Transformation!