Die Apple Watch Series 5 als Laufuhr
Vor einigen Wochen habe ich meine Garmin Fenix 5 Plus gegen eine Apple Watch Series 5 eingetauscht. Ich wollte einfach wissen ob die Watch inzwischen eine ernstzunehmende Alternative zu richtigen Sportuhren ist.
Obwohl es inzwischen einige Lauf-Apps für die Watch gibt, gehe ich hier ausschließlich auf die Apple eigene Trainings-App ein. Aber ich fange mal ganz von vorne an…
Die passende Apple Watch
Ich habe mich für die Sportversion aus Alu mit WLAN entschieden. Die LTE Version war für mich keine Option da aus technischen Gründen kein Roaming möglich ist und nicht alle Provider einen passenden e-SIM Tarif haben.
Bei der Displaygröße kam für mich nur die 44 Millimeter Version in Frage. Ich habe vor langer Zeit die kleine Version der Apple Watch Series 2 getestet und da war mir der Bildschirm definitiv zu klein.
Verarbeitung, Optik, Tragekomfort
Mit dem Design der Apple Watch habe ich mich arrangiert. Das eckige Display erinnert mich immer ein wenig an einen Fitnesstracker, trotzdem kann ich nicht sagen das die Watch schlecht aussieht.
Die Verarbeitung ist wie von Apple gewohnt hervorragend und im Ganzen gefällt mir die Haptik ausgesprochen gut. Es ist schon krass was in so einen kleinen Gehäuse an Technik untergebracht ist. Eine robuste Outdoor-Uhr ist die Apple Watch natürlich nicht.
Das Tragegefühl ist ausgesprochen gut. Die Watch ist mit nur 36 Gramm ein richtiges Leichtgewicht und am Arm kaum wahrzunehmen, sodass ich die Uhr sogar beim schlafen trage.
Es werden zwei Sportarmbänder in unterschiedlichen Größen mitgefeiert, die sich schnell und einfach austauschen lassen. Armbänder in den unterschiedlichsten Variationen gibt es bei Apple oder unzähligen Drittanbietern.
Die Apple Watch Series 5 beim Laufen
In der vorinstallierten Trainings-App sind inzwischen zahlreiche Sportarten zu finden und können in der Apple Watch iPhone App ein wenig konfiguriert werden. Die Anpassungsmöglichkeiten der Datenfelder sind aber sehr gering.
In der Lauf-Funktion kann ich auswählen ob ich einfach loslaufen oder nach festgelegter Zeit, Strecke und vordefinierten Kalorienverbrauch laufen will. Pace-Hinweise nach jeden gelaufenen Kilometer sind auch möglich und eine neue Runde kann durch doppeltes Tippen auf das Display festlegt werden.
Für den Fall das man vergessen hat eine Aktivität zu starten oder zu beenden gibt es eine automatische Trainings-Erkennung. Nach einigen Minuten meldet sich die Uhr ob der Lauf aufgezeichnet werden soll. Schaut man auf die Karte werden die ersten Meter vom GPS natürlich nicht mit aufgenommen, die gemessene Gesamtdistanz ist aber trotzdem recht präzise.
Von Haus aus kann die Apple Watch kein Intervalltraining; eine Funktion die eigentlich jede Laufuhr besitzt. Hier muss man auf Apps wie Intervals Pro zurückgreifen.
Die Bedienung über das Touch-Display geht in Ordnung, mit Schweißhänden oder Handschuhen war es für mich recht schwierig die Uhr zu bedienen. Es ist aber möglich durch gleichzeitiges drücken der Digital Crown und Auswahltaste den Lauf zu pausieren bzw. wieder zu starten.
Was mich bei der Bedienung gewaltig nervt: Wenn ich eine Laufjacke oder ein langärmeliges Shirt trage rutscht die Uhr logischerweise unter den Ärmel. Bei einigen Läufen ist es vorgekommen, dass durch meine Armbewegungen der Touchscreen aktiviert wurde, die Watch den Screen gewechselt hat und die Aktivität beendet wurde. Dummerweise fragt die Uhr nicht ob man den Lauf fortsetzen will. Genau deshalb bin ich kein großer Fan von Touchscreen bei Sportuhren. Klar, man kann den Bildschirm sperren. Nur habe ich dann keinen direkten Zugriff auf die Steuerung und muss jedesmal an der Krone drehen damit sich die Watch wieder entsperrt. Sehr unpraktisch.
Eine große Neuerung ist bei der Apple Watch Series 5 das Always-on Display. D.h. es können jetzt dauerhaft Informationen angezeigt werden ohne das der Bildschirm automatisch abdunkelt. Jedoch mit Einschränkungen: die Trainings-App von Apple unterstützt den Always-on Modus, bei anderen Apps wie Strava legt sich ein transparenter Hintergrund mit Uhrzeit über den Bildschirm. Ich hoffe das die Entwickler ihre Apps noch dementsprechend anpassen können.
Die Trainings-App ist nicht wirklich schlecht, aber mir fehlen definitiv mehr Anpassungsmöglichkeiten; z.B. würde ich gerne auf der Uhr Sportarten manuell sortieren, einen Lauf löschen oder den 3-Sekunden-Countdown deaktivieren können.
Für den 0815 Freizeitläufer (was ich nicht despektierlich meine) ist die Trainings-App gut und ausreichend. Ambitionierte Läufer werden mit der App nicht glücklich. Ich bin inzwischen auf Workoutdoors umgestiegen.
GPS, Navigation & Herzfrequenzmessung
Auch wenn das GPS-Signal vollkommen in Ordnung ist, kam es immer wieder zu kleinen Abweichungen die sich aber im Rahmen hielten. Die Trainings-App hat mir übrigens vor dem Start oder während einer Aktivität nie anzeigt wann ein GPS Signal vorhanden ist.
Bei einem 10 Kilometer Lauf habe ich die Apple Watch Series 5 zusammen mit einer Garmin Fenix 6 Pro getragen. Bei dem Lauf habe ich öfters die Straßenseiten gewechselt und nachher die GPS-Tracks übereinander gelegt. Überraschenderweise hat die Apple Watch den Lauf größtenteils genauer aufgezeichnet als die Fenix 6 Pro. Schaut man auf den Streckenverlauf der Fenix (Orange Linie auf die Pfeil zeigt), wird nicht die korrekte Straßenseite angezeigt, während die Apple Watch (Blaue Linie auf die der Pfeil zeigt) den Wechsel richtig aufgezeichnet hat.
Außerdem ist mir aufgefallen das die Watch nahezu zwanghaft das GPS des iPhone nutzen will. Nur wenn ich gar kein Telefon oder den Flugzeugmodus eingeschaltet habe wurde das GPS der Uhr aktiviert. Vermutlich soll dadurch der Akku geschont werden. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Unabhängigkeit vom iPhone gewünscht.
Eine integrierte Navigationsmöglichkeit beim Sport hat die Watch nicht, zumindest nicht in der Trainings-App. Glücklicherweise gibt es Apps die Offline-Karten und Routen auf die Uhr laden können. Ich kann jeden, der so etwas sucht, Workoutdoors ans Herz legen.
Die optische Herzfrequenzmessung wird nur beim Sport konstant gemessen und ist gut genug um halbwegs verlässliche Werte zu bekommen. Manchmal ist bei mir die Pulsmessung in der Trainings-App erst nach ein paar Minuten gestartet.
Hier habe ich die Apple Watch wieder mit der Fenix 6 Pro verglichen. Die Werte sind nie 100% identisch, aber nach meinem subjektiven Empfinden ist die Fenix etwas genauer.
Auswertung & Konnektivität
Alle Workouts werden in der Aktivitäten App gespeichert, die Übertragung der Daten geht wirklich schnell. Die App ist übersichtlich und bietet eigentlich nicht sehr viele Auswertungsmöglichkeiten. Erst nach 180 Tagen können Werte wie der VO2 MAX berechnet werden. Was mir gefällt ist die optische Darstellung der Aktivitäts-Ringe, irgendwie verspürt man immer einen Zwang den Kreis schließen zu müssen.
Aus der App selber können keine Läufe in andere Apps exportiert werden. Wenn man direkt über das iOS Sharing-Menü Strava auswählt wird nur eine simple Statusmeldung gepostet.
Deswegen benutze ich für das Exportieren der Daten zu Stava oder Garmin RunGap, was wirklich gut funktioniert. Drittanbieter-Apps können Workouts auch direkt in die Aktivitäten-App schreiben.
Was die Konnektivität angeht können problemlos Bluetooth Geräte wie Kopfhörer oder eben Brustgurte mit der Apple Watch verbunden werden.
Offline Musik hören auf der Apple Watch
Die Series 5 hat einen integrierten 32 GB Speicher der es ermöglicht Audiodateien auf die Uhr zu laden und offline wiederzugeben. Während eines Lauf muss ich zum Glück nicht in einen bestimmten Musikplayer wechseln, da die Trainings-App über eine Musiksteuerung verfügt.
Musik, Podcasts und Hörbücher aus den Apple Apps können übertragen werden. Musikdienste wie Spotify, Amazon Music oder Deezer kann man (momentan) nicht offline hören. Bei Podcasts nutze ich allerdings Watchcast, die App verwaltet und lädt Podcasts ausschließlich auf der Uhr. Hörbücher von Audible sind glücklicherweise auch kein Problem.
Das speichern von Musik will ich auf einer Laufuhr nicht mehr missen und bietet einen wirklichen Komfort. Nur die offline Spotify Unterstützung fehlt mir, deswegen nutze ich Apple Music.
Gesundheits-Features & Schlaftracking
Das integrierte EKG, eine Sturzerkennung, die Messung der Lärmbelästigung u.s.w. machen die Apple Watch immer mehr zu einem smarten Gesundheits-Assistenten. Alle von der Uhr und vom iPhone gesammelten Daten landen in der Health App wodurch auf Dauer so etwas wie ein Gesundheitsprofil erstellt wird.
Was die Apple Watch 5 nach wie fehlt ist ein natives Schlaftracking. Mit Autosleep gibt es eine wirklich gute Watch-App, die sehr detailliert das Schlafverhalten aufzeichnet. Ohne hier auf die Details einzugehen kann ich diese App wirklich empfehlen.
In Sachen Gesundheitsfeatures hat Apple gegenüber anderen Herstellern die Nase vorn, ich bin gespannt was hier in Zukunft noch kommen wird.
Smartwatch Funktionen
Wer zusätzlich ein Mac oder iPad besitzt wird die Integration in das Ökosystem lieben. Ich kann den Rechner mit der Uhr entsperren, Apple Pay nutzen, HomeKit Geräte steuern und so weiter. Es hat bei mir ein wenig gedauert, aber nach einigen Wochen lernt man diese Funktionen im Alltag wirklich zu schätzen.
Natürlich muss ich ein iPhone haben und bin durch die Watch noch mehr an das Apple Ökosystem gebunden. Trotz alle dem ist die Apple Watch als Gesamtpaket die mit Abstand beste Smartwatch.
Akku-Laufzeit
Bei 100% Akku-Ladung habe ich nach einem 10 Kilometer-Lauf ohne Musik ca. 10% weniger Akku. Auf den ersten Blick geht das in Ordnung und man kann mit der Apple Watch ohne Probleme ein Marathon absolvieren. Alles was darüber hinausgeht wird problematisch und spricht auch nicht die Zielgruppe einer Apple Watch an. Bei normaler Nutzung (also ohne Sport) komme ich 1,5 bis 2 Tage mit der Batterie hin. Die Watch hat zwar eine Batteriesparfunktionen, aber ein Akku-Wunder wird die Uhr dadurch bei weitem nicht.
In der Realität sieht es so aus, dass ich den Akku-Verbrauch immer im Auge behalten muss. Man gewöhnt sich dran und muss Kompromisse eingehen.
Fazit
Die Apple Watch ist eine interessante Uhr mit viel Technik, keine richtige Laufuhr, aber mehr wie ein schnöder Fitnesstracker. Wem es ausschließlich um den Sport geht und auf die Smartwatch-Funktionen verzichten kann, ist bei den klassisches Sportuhr-Herstellern besser aufgehoben. Suche ich aber eine Smartwatch mit soliden Sport-Funktionen und bin im Apple Ökosystem beheimatet, ist die Apple Watch eine ernstzunehmende Option. Letzten Endes kommt es auf die eigenen Ansprüche an.
Die von Apple angegeben UVP für die 44 Millimeter Version liegt bei 479€. Es lohnt es sich wirklich die Preise der Series 5 zu beobachten, nicht selten gibt es die Watch für fast 50€ weniger. Aber es gibt ja noch ältere Modelle die von Apple verkauft werden und regelmäßig Updates bekommen, hier können sich andere Hersteller (Garmin?) die Sportuhren im selben Preissegment verkaufen mal eine Schiebe von abschneiden.
Die Apple Watch Series 5 muss man als Gesamtpaket sehen: eine eingeschränkte Sportuhr die zugleich eine gute Smartwatch ist.
10 Kommentare
René
Du kannst die 3 Sekunden umgehen indem du direkt nach dem Start des Workouts wenn der Countdown angezeigt wird noch mal auf das Display drückst.
Ansonsten kann ich noch HealthFit als Exporter der Daten empfehlen. RunGap und HealthFit sind beide gute Apps dafür!
Ich nutze die Watch (Series 3) nun seit 2 Jahren und habe meine alte ForeRunner 620 dafür damals an den Nagel gehängt und vermisse ehrlich gesagt nicht wirklich viel. WorkOutDoors für Intervalle nutze ich ebenfalls und ist eine Empfehlung. Wenn ich aber einfach nur Laufen gehe ohne Intervalle, benutze ich immer die Apple-eigene App.
Schöner Bericht!
Daniel
Danke für den Tipp mit dem Countdown. Wusste ich noch gar nicht.
Ohne WorkOutDoors ist die Watch (für mich) nur halb so viel wert.
Trotz alle dem muss man irgendwo Kompromiss eingehen – finde ich.
Peter
Hallo, vielen Dank für den interessanten Beitrag. Aktuell suche ich auch nach einem neuen Fitness Trecker. Da ich oft allein mit dem Rad unterwegs bin interessiert mich besonders eine Sport Uhr mit Sturzerkennung. Aktuell ist mir nur die Apple Watch und einige Uhren von Garmin wie beispielsweise die Foreigner 245 bekannt die eine solche Funktion bieten. Die Apple Watch mit LTE hätte sogar den Vorteil, dass im Notfall ein Notruf über das eingebaute LTE Modul abgesetzt werden könnte. Ist es möglich das LTE Modul ohne Vertrag zu nutzen, ein Notruf müsste eigentlich auch ohne Simkarte beziehungsweise ohne Vertrag möglich sein? Ist der Stromverbrauch mit LTE höher als bei der Uhr ohne LTE, auch wenn das LTE in der Regel nicht benutzt wird?
Daniel
Da ich die LTE Version nicht besitze kann ich dir nur das sagen was mir bekannt ist:
– die LTE Version hat natürlich einen etwas höheren Akkuverbrauch
– das mit dem Notruf ist natürlich ein gutes Argument – auf der Apple Seite ist alles ganz gut dokumentiert: https://support.apple.com/de-de/HT208944
Peter
Hallo,
wie ich jetzt erfahren habe funktioniert der Notruf in Deutschland nur mit einer aktivierten SIM Karte.
Vielleicht kannst Du mir noch bei einer anderen Frage weiter helfen? Die Aufzeichnungen der Aktivitäten, werden ja im Apple Ökosystem (Health) gespeichert, soweit ich herausbekommen habe, kann man die Daten mit zusätzlichen Apps auch auf Plattformen wie Strava und Andere exportieren, Du hast dazu ja auch einen Artikel hier auf Deiner Webseite. Kann man aus den Daten auch eine Laufeffizienz Analyse gewinnen, aktuell nutze ich einen Fitnestracker von Garmin und in der App kann ich Werte wie Pace, Schrittfrquenz, Zeit in HF-Bereichen usw. auswerten – wäre es auch möglich wenn ich die Daten der Apple Watch nach Garmin Connect exportiere und dann eine vergleichbare Auswertung bekomme? Ich habe jetzt Garmin Connect genannt, weil ich das aktuell nutze, mit Strava habe ich keine Erfahrungen, soweit ich weiß muss man da spezielle Analyse Module abonnieren?
Viele Grüße
Peter
Deborah
Danke für diesen ausführlichen Bericht! Ich habe mir daraufhin die Outcast-App runtergeladen, jedoch finde ich nicht raus, wie ich da die Audible Hörbücher übertragen bekomme. Würde mich sehr freuen, wenn Du das etwas genauer schildern könntest, wie das geht – leider ist die Audible-App selbst ja zum Verrücktwerden 🙁 Vielen Dank!
Daniel
Hallo Deborah,
die Outcast App spielt ausschließlich Podcasts ab. Wenn du Audible Hörbücher auf die Watch laden willst musst du das mit der Audible App machen.
Hier steht es noch einmal genauer beschrieben: https://audible-de.custhelp.com/app/answers/detail/a_id/9619/~/wie-kann-ich-meine-audible-titel-mit-der-apple-watch-anhören%3F
Brigida Reif-Romero
Hallo zusammen,
sehr guter Bericht !
Wenn ich mit meiner Laufgruppe Läufe absolviere(egal ob 10km oder lange Läufe), sind meine Werte viel besser, als die meiner Trainingspartner. Die Strecke passt nicht( Abweichungen von bis zu 1 km) und meine pace ist bis zu 10 Sek schneller. Ich werde belächelt. Warum ist das so?
Würde mich über eine Antwort freuen.
LG
Brigida
Daniel Winkler
Weiß jemand ob das always on display der Serie 6 mit der app workoutdoors zusammenarbeitet?
Daniel
Ich bin mir da nicht 100% sicher, aber ich meine nicht.